Vorsicht bei Ausgleichsklauseln im Aufhebungsvertrag

Aufhebungsverträge spielen in der arbeitsrechtlichen Praxis eine große Rolle. Neben Arbeitgeberkündigungen sind einvernehmliche Aufhebungsverträge die häufigste Form der Beendigung von Arbeitsverhältnissen.  
Solche Aufhebungsverträge können in verschiedenen Konstellationen zustande kommen. Entweder einigen sich die Arbeitsvertragsparteien in einem Kündigungsrechtstreit auf eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung im Vergleichswege oder es kommt bei Trennungswünschen (des Arbeitgebers) schon vor einem Gerichtsverfahren zu einer solchen Kompromisslösung, ohne dass erst eine Kündigung ausgesprochen und hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. 
 
Für betroffene Arbeitnehmer:innen ist es wichtig, die Formulierungen eines Aufhebungsvertrags sehr gründlich zu gestalten, um nicht ungewollt oder unwissentlich auf bestehende Ansprüche zu verzichten. Das Problem besteht hierbei darin, dass Aufhebungsverträge nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung weit auszulegen sind. Nach dieser Rechtsprechung haben Aufhebungsverträge den Zweck das Arbeitsverhältnis und alle mit ihm einhergehenden Ansprüche abschließend und endgültig zu regeln. Vergisst eine Partei einen wichtigen Gesichtspunkt im Aufhebungsvertrag ausdrücklich anzusprechen, so kann dies nach Abschluss des Vertrags oftmals nicht mehr nachgeholt werden. 
 
In einer aktuellen Entscheidung hat sich beispielsweise das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 3 Sa 82/21) mit einer solchen Konstellation beschäftigt. 
 
In dem Aufhebungsvertrag hatten sich die Arbeitsvertragsparteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und bestimmter ausdrücklich aufgeführter Lohnansprüche geeinigt. Wie dies in Aufhebungsverträgen üblich ist, haben die Parteien eine Ausgleichsklausel aufgenommen, nach der sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Vergleich erledigt sind, sofern sie in diesem nicht ausdrücklich angegeben wurden. Nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein konnten im vorliegenden Falle nur die in dem Aufhebungsvertrag ausdrücklich erwähnten Ansprüche geltend gemacht werden. Verfallen waren damit nicht ausdrücklich geregelte und erwähnte, jedoch tatsächlich noch bestehende Urlaubsabgeltungsansprüche, die der betroffene Arbeitnehmer vergessen hatte in dem Aufhebungsvertrag ausdrücklich zu erwähnen. Aufgrund des Erledigungscharakters eines Aufhebungsvertrags und der üblicherweise vorhandenen Abgeltungsklauseln, konnte der nach Gesetz bestehende Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Unerheblich war der Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien diesen Anspruch nicht ausdrücklich ausschließen wollten, sondern schlichtweg vergessen hatten. 
 
Die aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zeigt deutlich auf, dass bei der Gestaltung von arbeitsvertraglichen Aufhebungsverträgen große Sorgfalt erforderlich ist. Arbeitnehmer:innen ist hier die Beratung und Betreuung durch einen versierten Fachanwalt für Arbeitsrecht anzuraten. Auch Betriebsräte, die im Rahmen von Betriebsänderungen mit Freiwilligenprogrammen und Aufhebungsverträgen befasst sein können, sollten die betroffenen Arbeitnehmer:innen ihres Betriebs auf die Notwendigkeit zur sorgfältigen Prüfung der Formulierungen eines Aufhebungsvertrags hinweisen. 

Hentschel Rechtsanwälte – Wir setzen Arbeitnehmer:innenrechte durch 




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