Anordnung von Coronatests am Arbeitsplatz

07.07.2022

Fragen des Gesundheits- und Infektionsschutzes bestimmen seit Beginn der Coronapandemie das Arbeitsleben. Zu vielen Bereichen existiert inzwischen eine konkrete Rechtsprechung, die betroffenen Arbeitnehmer:innen Rechtssicherheit gibt.

Mit der sehr praxisrelevanten Frage, ob Arbeitgeber berechtigt sind, auch gegen den Willen der Beschäftigten Coronatests am Arbeitsplatz anzuordnen, hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 01.06.2022 - 5 AZR 28/22) das Bundesarbeitsgericht beschäftigt.

BAG: Arbeitgeber dürfen Coronatests anordnen


Das Bundesarbeitsgericht bestätigt in seiner Entscheidung die Urteile der Vorinstanzen, die bereits entscheiden hatten, dass die Anordnung von Coronatests am Arbeitsplatz rechtmäßig sei.

Das Bundesarbeitsgericht betont die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten im Gesundheits- und Arbeitsschutz. Im Rahmen des vertraglichen Direktionsrechts stehe es einem Arbeitgeber unter sachgerechter Interessenabwägung frei, zur Umsetzung des betrieblichen Gesundheitsschutzes auch Coronatests am Arbeitsplatz anzuordnen. Erforderlich sei ein entsprechendes betriebliches Gesundheitskonzept, das bei Bestehen eines Betriebsrats im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 7 BetrVG mit diesem zu verhandeln sei. Die Abwägung billigen Ermessens erfordere die Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten als auch der konkreten Verweigerungsgründe von Testunwilligen. Im Zweifelsfall sei jedoch dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten Vorrang einzuräumen.

 

Das vom Bundesarbeitsgericht beurteilte Hygienekonzept des Arbeitgebers beinhaltete insbesondere technische und organisatorische Maßnahmen zur Reduktion des Infektionsrisikos, welches ohne betriebliche Coronatests jedoch keine ausreichende Sicherheit schaffen konnte. An den Arbeitsplätzen der betroffenen Beschäftigten war das Tragen einer Maske zum Beispiel nicht möglich. Zur Sicherstellung eines Infektionsschutzes sei daher das Testen der Beschäftigten erforderlich und verhältnismäßig. Der Eingriff der Testanordnung in das Persönlichkeitsrecht der Testunwilligen sei demgegenüber nur gering.

 

Als Konsequenz aus dieser Entscheidung kann sich bei Verweigerung eines Tests ein Verlust des Lohnanspruchs und, zumindest nach vorheriger Abmahnung, auch die mögliche Berechtigung einer verhaltensbedingten Kündigung ergeben.

 

Das Bundesarbeitsgericht stärkte mit dieser Entscheidung den Infektionsschutz der betriebsangehörigen Arbeitnehmer:innen und ist somit zu begrüßen.

 

Auch wenn die gesetzlichen Vorgaben zum betrieblichen Infektionsschutz, insbesondere die SARS-Cov-2 Arbeitsschutzverordnung, außer Kraft getreten sind, so besteht die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht im Gesundheitsbereich doch weiterhin fort. Arbeitgeber sind nach Ausführungen des Bundesarbeitsministeriums nach wie vor verpflichtet, das lokale Infektionsgeschehen zu beobachten und die jeweils erforderlichen Schutzmaßnahmen weiterhin umzusetzen. Dies gilt auch gerade ganz aktuell, da die Infektionszahlen bundeweit wieder stark ansteigen.


Hentschel Rechtsanwälte - Weil Ihre Arbeit Teil Ihres Lebens ist!

 






« Zurück zur Übersicht
Nach oben