Kurzarbeit nur mit wirksamer Vereinbarung
Bereits seit der ersten „Corona-Welle“ im Frühjahr 2020 ist das Thema Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld in der Arbeitswelt sehr präsent.
Viele Arbeitgeber nutzen das Mittel der Kurzarbeit und das sozialstaatliche Kurzarbeitergeld dafür, wirtschaftliche Einbußen in den Pandemiezeiten zu überbrücken, ohne endgültig Arbeitsplätze abbauen zu müssen. In diesem Sinne ist Kurzarbeit ein positiv zu bewertendes Instrument der Beschäftigungssicherung.
Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass Kurzarbeit auch bei Gewährung von Kurzarbeitergeld meist zu erheblichen Lohnkürzungen führt, da nicht alle Arbeitgeber das staatliche Kurzarbeitergeld aufstocken. Aus Sicht von Arbeitnehmer*innen und Betriebsräten ist Kurzarbeit daher unbedingt als Instrument zur Vermeidung von Kündigungen zu begreifen somit auf das absolut notwendige Maß zu beschränken.
Da Kurzarbeit letztlich eine Vertragsänderung darstellt, mit der die regelmäßige Arbeitszeit und der entsprechende Lohn verkürzt wird, bedarf sie einer wirksamen Rechtsgrundlage. Mit der Beachtung dieser Vorgaben tun sich jedoch viele Arbeitgeber im Einzelfall oft recht schwer.
Mit dieser Rechtslage hat sich aktuell nochmals das Arbeitsgericht Siegburg in einer neueren Entscheidung zum Aktenzeichen 4 Ca 1240/20 auseinandergesetzt.
Das Arbeitsgericht Siegburg stellt in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung (BAG 5 AZR 491/14) nochmals eindeutig klar, dass jede konkrete Kurzarbeitsanordnung einer solchen Rechtsgrundlage bedarf. Diese Rechtsgrundlage kann grundsätzlich entweder durch individuelle vertragliche Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen oder durch eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat geschaffen werden. In Betrieben, für die ein Betriebsrat besteht, ist als Rechtsgrundlage aufgrund des vom Bundesarbeitsgericht den Betriebsräten zugestandenen Mitbestimmungsrechts nur eine Betriebsvereinbarung zugelassen. Besteht somit ein Betriebsrat, ist eine individuelle Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen nicht rechtmäßig und kann nicht zu einer wirksamen Anordnung von Kurzarbeit führen. Diese Klarstellung schützt betroffene Arbeitnehmer*innen vor unangemessenem Druck durch die Arbeitgeberseite und legt die Verantwortung in die richtigen Hände der gewählten Arbeitnehmervertretungen.
Ordnen Arbeitgeber entgegen diesen rechtlichen Vorgaben Kurzarbeit ohne Betriebsvereinbarung an, so sind sie nicht berechtigt, Lohnkürzungen vorzunehmen. Arbeitgeber geraten bei Freistellungen in Annahmeverzug und müssen für die entsprechenden Zeiten den vollen Lohn zahlen.
Diese wichtige Klarstellung zu den Rechtsgrundlagen individueller Kurzarbeitsanordnung sollte von Arbeitnehmer*innen stets beachtet werden.
Sofern sich im Arbeitsverhältnis entsprechende Probleme ergeben, empfiehlt sich eine umfassende Prüfung und Geltendmachung bestehender Ansprüche durch einen Rechtsanwalt.
Hentschel Rechtsanwälte – Wir setzen Arbeitnehmer*Innenrechte durch
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