Entscheidungen des LAG Hessen zu Betriebsratssitzungen per Video-Konferenz & Betriebsrätemodernisierungsgesetz 

Zur Bekämpfung der Gesundheitsgefahren während der Corona-Pandemie sind im Arbeitsrecht eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen geschaffen worden, die aus Infektionsschutzgesichtspunkten das Arbeiten auf Distanz möglich machen. Einige dieser Regelungen betreffen auch die Betriebsratsarbeit.

So ist durch gesetzliche Neuregelung sowohl eine Betriebsratssitzung über Videokonferenz als auch eine Einigungsstellensitzung über Videokonferenz ermöglicht worden (§ 129 BetrVG).

Zu diesem Komplex der Betriebsratsarbeit per Videokonferenz hat das LAG Hessen nun zwei interessante und für die praktische Arbeit von Betriebsräten wichtige Entscheidungen getroffen. 
 
LAG Hessen – 16 TaBV 185/20: 
 
Die den Betriebsräten gemäß § 129 BetrVG eröffnete Möglichkeit, Betriebsratssitzungen per Videokonferenz abzuhalten, erfordert nach der bisherigen Gesetzesfassung einen zustimmenden Beschluss des Betriebsratsgremiums. Weder der Betriebsratsvorsitzende noch ein einzelnes Betriebsratsmitglied können die Durchführung der Betriebsratssitzung und eine Teilnahme per Videokonferenz einseitig festlegen.

Diese Entscheidung betrifft die aktuelle Rechtslage, die von einer Sonderreglung für die Zeit der Corona Pandemie (§ 129 BetrVG) geprägt ist.

Für die zukünftige Rechtslage ist das demnächst in Kraft tretende Betriebsrätemodernisierungsgesetz zu beachten. Durch die Neufassung des § 30 BetrVG sind Betriebsratssitzungen per Videokonferenz weiterhin möglich, die Voraussetzungen hierfür sind jedoch deutlich verschärft worden. Gesetzlich ist zukünftig eine differenzierende Regelung in der Geschäftsordnung des Betriebsrates erforderlich. Hierbei muss ein Vorrang von Präsenzsitzungen und ein konkreter Grund für Videositzungen festgelegt werden. Sitzungen per Videokonferenz müssen somit die Ausnahme bleiben. Weiterhin ist ein Widerspruchsrecht geregelt. Wenn ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats der Betriebsratssitzung per Videokonferenz widerspricht, kann eine solche nur in Präsenz durchgeführt werden.

Die Einzelheiten der zukünftigen Gesetzesfassung sollten Betriebsräte für ihre praktische Arbeit unbedingt aufarbeiten. 
 
LAG Hessen – 16 TaBVGa 79/21: 
 
Die im Rahmen der Corona-Pandemie aus Infektionsschutzgesichtspunkten geschaffene Möglichkeit Betriebsratssitzungen per Videokonferenz abzuhalten (§ 129 BetrVG), erfordert für die tägliche Arbeit von Betriebsräten eine entsprechende technische Ausstattung. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG (Sachaufwand des Betriebsrates) steht Betriebsräten das Recht zu, mit der notwendigen technischen Ausstattung auf Kosten des Arbeitgebers versorgt zu werden. Dieser Anspruch besteht auch zukünftig, da das alsbald in Kraft tretende Betriebsrätemodernisierungsgesetz in § 30 BetrVG weiterhin die Betriebsratssitzung per Videokonferenz ermöglicht, wenngleich hierfür deutlich strengere Anforderungen als bisher gelten werden.

In diesem Zusammenhang hat das LAG Hessen in einer aktuellen Entscheidung das Recht des Betriebsrats auf die notwendige technische Ausstattung bestätigt. In der konkreten Entscheidung hat es dem Antragstellenden Betriebsrat die Ausstattung mit Notebooks oder Tablet-PC zugestanden, um effektiv Betriebsratssitzungen per Videokonferenz durchführen zu können.

Mit dieser Entscheidung spricht das LAG Hessen an sich eine Selbstverständlichkeit aus. Wenn das Gesetz Betriebsratssitzungen per Videokonferenz unter Abwesenheit des gesamten Gremiums oder einzelner Mitglieder ermöglicht, so bewirkt die seit langem geltende Regelung des § 40 BetrVG einen konkreten Anspruch des Betriebsrats auf Sachmittelausstattung durch die notwendigen technischen Geräte. Für die praktische Arbeit von Betriebsräten kann der Verweis auf diese aktuelle Entscheidung jedoch sehr hilfreich sein.  

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