Das Corona-Update im Arbeitsrecht - Was Beschäftigte jetzt wissen müssen (Ausgabe 9/2020)

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus und der flächendeckenden Schließung von Schulen, Kitas, Geschäften usw. stellen sich für die Beschäftigten derzeit zahlreiche Fragen – wir haben die Antworten.

Derzeit werden eine Vielzahl von Gesetzen und Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, beispielsweise die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ab dem 4. bzw. 7. Bezugsmonat auf auf 70 % (77 % für Haushalte mit Kindern) bzw. 80 % des entgangenen Nettoentgelts (87 % für Haushalte mit Kindern), die Erweiterung der Hinzuverdienstmöglichkeit von Kurzarbeiter*innen sowie die Verlängerung der Bezugsdauer des ALG I für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 01.05.2020 und dem 31.12.2020 enden würde. Mit der Rechtsverordnung vom 07.04.2020 (in Kraft getreten am 10.04.2020) wurde geregelt, dass systemrelevante Beschäftigte befristet bis zum 30.06.2020 unter bestimmten Voraussetzungen krisenbedingt bis zu 12 Stunden täglich arbeiten „dürfen“; die Mindestruhezeit wurde von 11 auf nur noch 9 Stunden verkürzt. Zu nennen ist aber auch der Maßnahmen-Mix zur Sicherung der Mitbestimmung der Beschäftigten: Betriebs- und Personalräte können rückwirkend zum 01.03.2020 Sitzungen und Beschlussfassungen bis Ende des Jahres auch per Video- und Telefonkonferenz durchführen. Entsprechendes gilt für die Einigungsstellen, und auch Betriebsversammlungen können bis Ende des Jahres audio-visuell durchgeführt werden.

Wie es um den Versicherungsschutz bei der Arbeit im Homeoffice steht, hatten wir bereits in unserem 5. Rechtstipp beleuchtet. Ergänzend dazu dreht sich in unserem heutigen Rechtstipp alles um die Arbeitszeit, das Gehalt, den Arbeitsschutz und die Kosten bei der Homeoffice-Tätigkeit in Zeiten der Covid 19-Pandemie.

Mein Arbeitgeber hat mich verpflichtet, im Homeoffice meine privaten Geräte und Ressourcen zu nutzen, beispielsweise mein Smartphone und das heimische W-LAN. Darf er das? Wie steht es um die Kostentragung? 

Der Arbeitgeber darf mittels seines sogenannten Direktions- oder Weisungsrechts ebenso wenig über die private Wohnung der Beschäftigten verfügen wie über deren persönliches Eigentum. Die Nutzung beispielsweise Ihres Handys für Arbeitsaufgaben setzt daher immer auch Ihre Zustimmung voraus. Sind Sie damit einverstanden und setzen Sie ein Zimmer als Büro ein oder nutzen Sie einen Monitor oder Ihren Drucker zu beruflichen Zwecken, liegt hierin ein Vermögenswert, den Sie Ihrem Arbeitgeber zuwenden, ohne dafür ein gesondertes Entgelt zu erhalten. Das Gesetz räumt Ihnen für solche Fälle einen Anspruch auf Aufwendungsersatz ein (§ 670 Bürgerliches Gesetzbuch). Gleiches gilt auch für die entstehenden Stromkosten. Wie hoch der zu zahlenden Aufwendungsersatz ist, hängt davon ab, was Sie mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren. Gegebenenfalls finden sich in einer Betriebsvereinbarung Regelungen zum Aufwendungsersatz oder über eine pauschale Abgeltung entstehender anteiliger Kosten (Miete, Strom etc.) durch das Bruttomonatsgehalt.

Wie steht es um die Pflichten meines Arbeitgebers in Bezug auf den Arbeitsschutz: Erstrecken sich diese auch auf meinen Homeoffice-Arbeitsplatz? 

Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber ist verpflichtet die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird (§ 4 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz, ArbSchG). Dieser Schutzauftrag ist nicht auf die Betriebsstätte als solche und auf die dort tätigen Arbeitnehmer*innen beschränkt. Der Arbeitgeber hat im Wege einer sogenannten Gefährdungsbeurteilung die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen sowie die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen zu ermitteln (§ 5 ArbSchG).

Es gibt jedoch einen grundlegenden Unterschied zwischen der Tätigkeit im Homeoffice und der Telearbeit, auch wenn beide Begriffe oft synonym verwendet werden: Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die weitere Vorschriften zur Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten enthält, findet keine Anwendung auf das Homeoffice. Zur Unterscheidung: Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat (§ 2 Abs. 7 ArbStättV). Der Arbeitgeber hat bei einem Telearbeitsplatz also die benötigte Ausstattung mit Mobiliar (Schreibtisch, Stuhl etc.) und Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen bereitgestellt und installiert. Die „Flucht“ der Beschäftigten in das Homeoffice im Zuge der Corona-Krise erfüllt selten diese Voraussetzungen der Telearbeit. Dennoch gilt, wie weiter oben ausgeführt, zumindest das Arbeitsschutzgesetz, sodass ein Mindeststandard für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten gewahrt bleiben muss.

Mein Arbeitgeber ist der Auffassung, im Homeoffice werde weniger effizient gearbeitet als am betrieblichen Arbeitsplatz. Er will daher das Gehalt aller Kolleg*innen, die von ihrem Zuhause aus arbeiten, kürzen. Ist er dazu berechtigt? 

Ob die Produktivität tatsächlich unter der Umstellung leidet, ist bereits zweifelhaft, kann aber jedenfalls so pauschal nicht beantwortet werden. Unabhängig davon ist eine solche Gehaltskürzung nicht zulässig und hätte wohl eher den Effekt, dass die Beschäftigten tatsächlich weniger motiviert ihre Arbeitsleistung im Homeoffice erbringen. Gegebenenfalls führt das auch dazu, dass die Bundesagentur für Arbeit kein Kurzarbeitergeld bewilligt, da der Arbeitsausfall nicht mehr unvermeidbar ist.

Bin ich im Hinblick auf die Einteilung meiner Arbeitszeit im Homeoffice frei oder muss ich mich an die in unserem Betrieb üblichen Arbeitszeiten halten? 

Ihre Arbeitszeiten richten sich nach entsprechenden Vereinbarungen in Ihrem Arbeitsvertrag, einem einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Sind Beginn und Ende der Arbeitszeit nicht gesondert geregelt, können Sie diese individuell an Ihre derzeitigen Lebensumstände anpassen, sofern das Ihre konkrete Tätigkeit zulässt und Sie nicht zu bestimmten Zeiten beispielsweise für Kund*innen oder Kolleg*innen erreichbar sein müssen. In der aktuellen Ausnahmesituation empfiehlt es sich daher, sich hierzu vorher mit Ihrem Arbeitgeber abzustimmen.




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