Das Corona-Update im Arbeitsrecht - Was Beschäftigte jetzt wissen müssen (Ausgabe 8/2020)

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus und der flächendeckenden Schließung von Schulen, Kitas, Geschäften usw. stellen sich für die Beschäftigten derzeit zahlreiche Fragen – wir haben die Antworten.

Deutschland befindet sich noch mindestens bis zum 20. April im Corona-Stillstand, doch heute wird Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit den Ministerpräsident*innen über Lockerungen sprechen. Bestimmendes Thema in unserem heutigen Rechtstipp ist daher nach wie vor, welche Rechte und Pflichten die Beschäftigten in der Corona-Krise haben.

 

 

 

Ich bin erkrankt (nicht an Covid 19). Wann muss ich meinem Arbeitgeber die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen?

In § 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) ist geregelt, dass die ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, dem Arbeitgeber spätestens am vierten Tag vorzulegen ist. Hiervon abweichend kann in einem anwendbaren Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ein anderer Zeitpunkt festgelegt sein. Außerdem ist der Arbeitgeber berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher zu verlangen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EntgFG).

Angesichts der derzeitigen Lage gibt es jedoch den Appell an Arbeitgeber, die Vorlage eines ärztlichen Attestes erst nach sechs Krankheitstagen zu fordern. Sofern es hierzu aber noch keine einheitliche Regelung in Ihrem Betrieb gibt, sollten Sie sich im Falle einer Arbeitsunfähigkeit mit Ihrem Arbeitgeber über die konkrete Vorgehensweise abstimmen. Anderenfalls gilt die gesetzliche Regelung.

Betriebsräte können sich dafür stark machen, den (späteren) Zeitpunkt für die Vorlage der AU-Bescheinigung in einer Betriebsvereinbarung festzuschreiben. Das Mitbestimmungsrecht ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

 

Mein Arbeitgeber möchte bei Verdacht auf eine Corona-Infektion eine ärztliche Untersuchung anordnen. Ist er dazu berechtigt?

Der Arbeitgeber ist aufgrund seines sogenannten Weisungs- oder auch Direktionsrechts grundsätzlich berechtigt, Vorgaben zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung zu machen, sofern er dabei die berechtigten Interessen der Beschäftigten berücksichtigt. Nicht von diesem Weisungsrecht umfasst ist allerdings das Anordnen von ärztlichen Untersuchungen. Das ist daher nur möglich, sofern es eine entsprechende Regelung in einem anwendbaren Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung gibt. Ein Arbeitgeber kann die Beschäftigten auch nicht auf Grundlage seines Weisungsrechts zu einer Impfung verpflichten.

Zum Schutz der Belegschaft kann eine ärztliche Untersuchung in einem Verdachtsfall aber durchaus eine sinnvolle Maßnahme darstellen. Betriebsräte haben die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber entsprechende Regelungen zu treffen.

 

Mein Arbeitgeber ergreift nicht nur keine Schutzmaßnahmen, obwohl diese notwendig und ohne weiteres möglich wären, sondern hat das Tragen eines Mundschutzes sogar verboten. Was kann ich tun?

Aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt sich die Pflicht des Arbeitgebers, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen (Ausgabe 7/2020 unseres Newsletters). Verbietet Ihr Arbeitgeber sogar Schutzmaßnahmen und verstößt er hierdurch gegen seine Pflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz, können Sie dennoch nicht einfach von der Arbeit fernbleiben. Denn dann liegt eine Arbeitsverweigerung vor, die zum Verlust Ihres Gehaltsanspruchs führt und schlimmstenfalls eine Kündigung nach sich ziehen kann (Ausgabe 1/2020 unseres Newsletters).

Möglich wäre stattdessen ein (unbezahlter) Urlaub während der Dauer der Coronakrise. Ein Sonderurlaub setzt allerdings voraus, dass es hierzu eine entsprechende Regelung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung gibt. Ist das nicht der Fall, können Sie nur mit Einverständnis Ihres Arbeitgebers von der Arbeit freigestellt werden. Aber Achtung: Dauert die unbezahlte Freistellung länger als einen Monat, erfolgt eine Abmeldung von der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Das bedeutet, dass mit dem Überschreiten der Monatsfrist der Sozialversicherungsschutz entfällt. Nach Ende der unbezahlten Freistellung müsste Ihr Arbeitgeber Sie dann neu anmelden.

Verstößt Ihr Arbeitgeber gegen die Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz, haben Sie außerdem die Möglichkeit, sich gegebenenfalls an den Betriebsrat zu wenden. Dieser kann beispielsweise ein Verfahren vor dem zuständigen Arbeitsgericht einleiten, um den Arbeitgeber zur Unterlassung von Maßnahmen anzuhalten, die dem Gesundheitsschutz entgegenstehen.

 

Wichtiger Hinweis

Diese Rechtstipps ersetzen keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Sofern Sie konkrete Antworten und Auskünfte zu den Rechten und Pflichten in Ihrem Arbeitsverhältnis benötigen, kontaktieren Sie uns bitte telefonisch, per E-Mail oder über das Formular auf unserer Homepage. Die jeweiligen Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf dieser Plattform.




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