Das Corona-Update im Arbeitsrecht - Was Beschäftigte jetzt wissen müssen (Ausgabe 5/2020)
Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus und der flächendeckenden Schließung von Schulen, Kitas, Geschäften usw. stellen sich für die Beschäftigten derzeit zahlreiche Fragen – wir haben die Antworten.
Sehr geehrte Leser*innen,
wir hoffen sehr, Ihnen geht es gut! Uns alle stellt das Coronavirus vor große Herausforderungen. Die Auswirkungen betreffen verschiedenste Lebensbereiche, unter anderem auch das Arbeitsverhältnis. Wir freuen uns, dass es uns als digitale Kanzlei mit einer entsprechenden Infrastruktur und Vernetzung möglich war, bei Ausbruch der Covid 19-Pandemie schnell reagieren und ohne Einschränkung weiterhin erreichbar sein zu können. So konnten wir ohne Verzögerung die Beratung und Vertretung von Arbeitnehmer*innen und ihren Interessenvertretungen sicherstellen. Denn gerade in diesen schwierigen Zeiten stellen sich eine Vielzahl von Fragen zu den Rechten und Pflichten der Beschäftigten sowie von Betriebs- und Personalräten. Homeoffice, Zwangsurlaub, Abbau von Überstunden, Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind nur einige der vielen Schlagworte. Antworten auf einige der aktuell drängendsten Fragen finden Sie in dieser Ausgabe unseres Newsletters.
Aufgrund meines Alters/ einer Vorerkrankung gehöre ich zur einer Corona-Risikogruppe. Bin ich dennoch verpflichtet, auf der Arbeit zu erscheinen, auch wenn ich mich dort anstecken könnte? Muss mein Arbeitgeber Maßnahmen zu meinem Schutz ergreifen?
Sofern Sie nicht arbeitsunfähig erkrankt sind und Ihr Betrieb nicht von einer Schließung betroffen ist, sind Sie grundsätzlich verpflichtet, Ihre Arbeitsleistung anzubieten und vertragsgemäß zu arbeiten. Von dieser Pflicht sind Sie auch dann nicht entbunden, wenn Sie zu einer der Risikogruppen gehören. Auch hier ist es daher ratsam, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Sofern möglich, könnten Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber beispielsweise darüber verständigen, dass Sie künftig im sogenannten Homeoffice arbeiten.
Anders verhält es sich hingegen, wenn Ihr Arbeitgeber Sie rein vorsorglich nach Hause schickt, obwohl Sie arbeitsfähig und auch arbeitsbereit sind: Dann gerät er in den sogenannten Annahmeverzug. Das heißt: Ihr Anspruch auf Zahlung des Gehalts bleibt gemäß § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehen, ohne dass Sie die so entstandenen „Minusstunden“ nacharbeiten müssen.
Auf die Frage nach den zu ergreifenden Schutzmaßnahmen gibt es jedoch keine einheitliche Antwort. Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit der Beschäftigten vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird. Welche Maßnahmen der Arbeitgeber aufgrund dieser Schutzpflichten ergreifen muss, hängt von der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Tätigkeit ab, also beispielsweise davon, ob – zum Beispiel in einem Supermarkt oder einer Apotheke – Kundenkontakt besteht und wie groß die Gefahr einer Übertragung des Virus ist.
Nicht erforderlich ist es, dass Sie Ihren Arbeitgeber über die bestehenden Vorerkrankungen informieren. Diese können Sie bei dem/ der Betriebsärzt*in adressieren, der/ die beim Arbeitgeber entsprechende Schutzmaßnahmen initiieren kann. Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebs- oder Personalrat, können Sie sich alternativ an diesen oder gegebenenfalls auch an die Schwerbehinderten- oder an die Jugend- und Auszubildendenvertretung wenden. Idealerweise wird die zuständige Interessenvertretung dann mit der Sicherheitsfachkraft und/ oder dem/ der Betriebsärzt*in besondere Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten abstimmen.
Ich bin auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen und komme nun nicht mehr zur Arbeit. Muss mein Arbeitgeber trotzdem mein Gehalt zahlen, wenn ich zu Hause bleibe?
Leider nicht. Das sogenannte Wegerisiko tragen Sie als Arbeitnehmer*in, ähnlich wie bei Naturereignissen (Schnee und Glatteis) oder Verkehrsstörungen wie Straßensperrungen oder Staus. Können Sie Ihren Arbeitsplatz wegen solcher Hindernisse nicht erreichen, entfällt Ihr Gehaltsanspruch für die ausgefallene Arbeitszeit.
Wie steht es um den Versicherungsschutz im Homeoffice?
Prinzipiell gilt: Unabhängig vom Ort der Tätigkeit ist diese versichert, wenn sie in einem engen Zusammenhang mit den beruflichen Aufgaben steht. Passiert also im häuslichen Umfeld ein Unfall, besteht dann der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn ein dienstlicher Bezug vorliegt. Das Problem: Im Homeoffice verschmelzen Privates und Berufliches. Was genau zur Arbeit gehört und damit versichert ist und was nicht, wird von den Sozialgerichten in einer Vielzahl teils widersprüchlicher Einzelfallentscheidungen unterschiedlich beurteilt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt jedenfalls der Weg in die Küche, um etwas zu essen, oder auch der Gang zur Toilette als eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit im Homeoffice.
Die unklare Rechtslage macht deutlich, dass die Arbeit im eigenen Zuhause gut vorbereitet und mit dem Arbeitgeber abgestimmt sein sollte. Aufgrund der Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers sollte dieser im Vorfeld über mögliche Gefahren durch entsprechende Unterweisungen informieren, damit Unfälle vermieden werden können. Passiert ein solcher Unfall dennoch, sollten Sie den/ die zuständige/n Unfall- oder Durchgangsärzt*in kontaktieren, der/ die anschließend den Sachverhalt aufnimmt. Führt der Unfall zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen, müssen Arbeitgeber und Ärzt*in diesen der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden.
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