Das Corona-Update im Arbeitsrecht - Was Beschäftigte jetzt wissen müssen (Ausgabe 2/2020)

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus und der flächendeckenden Schließung von Schulen, Kitas, Geschäften usw. stellen sich für die Beschäftigten derzeit zahlreiche Fragen – wir haben die Antworten.

Darf ich von der Arbeit fernbleiben, wenn ich aufgrund der Schließung von Schulen und Kitas die Betreuung meines Kindes sicherstellen muss?

Arbeitnehmer haben in Fällen „höherer Gewalt“ ein Recht darauf, aus dringenden und unerwarteten familiären Gründen von der Arbeit freigestellt zu werden, sofern die Betreuung des Kindes nicht anderweitig gewährleistet werden kann. Liegen diese Voraussetzungen vor, entfällt die Pflicht zur Arbeit (§ 275 Abs. 3 BGB). Das heißt allerdings nicht automatisch, dass das Gehalt weitergezahlt werden muss. Nur wenn § 616 BGB nicht durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen ist, haben Sie vorübergehend, das heißt für wenige Tage Anspruch auf Fortzahlung Ihres Gehalts. Dauert die Situation allerdings an, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber suchen. Beispielsweise könnten Sie vereinbaren, für die Dauer der Schließung der Schulen und Kitas von zu Hause aus zu arbeiten, sofern das in Ihrem Job möglich ist.

Und was ist, wenn mein Kind erkrankt ist und ich deswegen nicht zur Arbeit gehen kann?

In diesem Fall dürfen Sie kurzfristig von der Arbeit fernbleiben, sofern keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht. Ist im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Gegenteiliges geregelt, führt eine solche spontane, vorübergehende Arbeitsverhinderung nicht zu einem Wegfall des Lohnanspruchs.

Gesetzlich Krankenversicherte haben daneben aber den Anspruch auf Freistellung von der Arbeit aus § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V), sofern das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet und der Arzt bescheinigt hat, dass eine Betreuung notwendig ist. Pro Kind darf man sich längstens 10 Tage pro Kalenderjahr (Alleinerziehende: 20 Tage) freistellen lassen, insgesamt jedoch nicht mehr als 25 Tage (Alleinerziehende: 50 Tage) pro Jahr. Sind beide Elternteile berufstätig, können beide jeweils für jedes Kind die Höchstdauer der Freistellung beanspruchen oder auf den anderen Partner übertragen. Die Krankenkasse übernimmt 70 % des beitragspflichtigen Bruttoentgelts, maximal jedoch 90 % des Nettoeinkommens desjenigen Elternteils, der zu Hause bleibt.

Mein Arbeitgeber hat mich nach Hause geschickt. Darf er das? Was ist mit meinem Gehaltsanspruch?

Grundsätzlich gilt, dass Ihr Arbeitgeber verpflichtet ist, Ihre Arbeitsleistung entgegenzunehmen. Tut er dies nicht – etwa weil er die vage Vermutung hat, Sie könnten krank sein –, gerät Ihr Arbeitgeber in den sogenannten Annahmeverzug (§ 615 BGB). Die Folge: Er schuldet Ihnen weiterhin Ihr Gehalt. Auch die Belastung Ihres Arbeitszeitkontos mit Minusstunden bzw. die Weisung, Überstunden abzubauen, eine kurzfristige Anordnung von Zwangsurlaub einzelner Beschäftigter oder gar von Betriebsferien kann unzulässig sein, sofern es keine entsprechenden Regelungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen gibt. Um angemessen und fair auf die derzeitige Situation zu reagieren, kann Ihr Arbeitgeber stattdessen Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit beantragen. Bundesregierung und Gesetzgeber arbeiten gerade daran, kurzfristig Sonderregeln zum Bezug von Kurzarbeitergeld erlassen. Liegen Ihrem Arbeitgeber begründete Anhaltspunkte vor, dass Sie an Covid-19 erkrankt sind, gebietet es seine Fürsorgepflicht auch gegenüber anderen Beschäftigten, Sie zur Genesung nach Hause zu schicken, nicht aber ins Home Office. Ihr Entgeltfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit ergibt sich dann wiederum aus § 3 EFZG.

Darf mein Arbeitgeber anordnen, dass ich von zu Hause aus arbeite?

Ihr Arbeitgeber darf Sie nicht einseitig anweisen, Ihre Arbeit im Home Office zu erbringen, da er kein Recht hat, über Ihren privaten Wohnraum zu verfügen. Anders verhält es sich aber, wenn es bereits entsprechende betriebliche Regelungen gibt und/ oder Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber einvernehmlich darauf einigen, dass Sie von zu Hause aus arbeiten.




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