Heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs als Kündigungsgrund?

Werden Arbeitnehmer:innen überraschend zu einem Personalgespräch gerufen und dort mit arbeitgeberseitigen Vorwürfen oder sogar Trennungswünschen konfrontiert, entsteht für die Betroffenen oftmals eine sehr schwierige Situation. Weder konnten sie sich angemessen auf ein solches Gespräch vorbereiten, noch können sie dessen Inhalt später beweisen. Betroffene Arbeitnehmer:innen befinden sich in solchen Gesprächen oftmals in einer Situation der Unterlegenheit, da sie allein üblicherweise mehreren Arbeitgebervertretern gegenüberstehen.    

Die Versuchung solche Gespräche aufzuzeichnen, um sich ein Beweismittel über deren Inhalt zu schaffen, kann für Arbeitnehmer:innen daher sehr groß sein. Daher stellt sich die interessante Frage, ob die heimliche Aufzeichnung eines Personalgespräches einen Kündigungsgrund darstellt.

LAG Rheinland-Pfalz: Heimliche Aufzeichnung rechtfertigt grundsätzlich die Kündigung

Mit den Folgen der heimlichen Aufzeichnung eines solchen Gesprächs hat sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 2 Sa 40/21) beschäftigt.

In dem zugrundeliegenden Fall war ein Streitgespräch mit dem Vorgesetzten und dem Filialleiter von dem Arbeitnehmer heimlich durch die Aufnahmefunktion seines Smartphones aufgezeichnet worden.

Nachdem diese Aufzeichnung bekannt wurde, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis. Der betroffene Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage.

Heimlich aufgezeichnetes Gespräch als Kündigungsgrund

In seiner Entscheidung setzte sich das Landesarbeitsgericht sehr gründlich mit den Folgen des heimlich aufgezeichneten Gesprächs auseinander. Das Gericht kam zu dem Urteil, dass ein heimlich aufgezeichnetes Telefongespräch grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellt, da dem Persönlichkeitsrecht der unwissentlich aufgezeichneten Gesprächsteilnehmer regelmäßig Vorrang vor dem Wunsch eine Gesprächssituation beweisen zu können einzuräumen sei. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, die jeweils im Einzelfall festgestellt werden müssten, könne einem Wunsch auf Dokumentation und Beweis eines Gesprächsinhalts der Vorrang eingeräumt werden.

Nur wegen der Besonderheit des bereits lange bestehenden Arbeitsverhältnisses sei die Kündigung im entschiedenen Fall ausnahmsweise nicht verhältnismäßig.

Arbeitnehmer:innen ist als Konsequenz aus dieser Rechtsprechung unbedingt von der heimlichen Aufzeichnung eines nicht öffentlichen Gesprächs abzuraten, da die Situationen, in denen dies gerechtfertigt sein kann, nur sehr selten und ganz ausnahmsweise vorliegen.

Wie soll man sich verhalten bei einem Personalgespräch?

Eine Pflicht zur Teilnahme an einem Gespräch über die Beendigung oder negative Veränderung des Arbeitsverhältnisses besteht im Übrigen gar nicht. Demnach kann auch verlangt werden, bei Teilnahme eine Vertrauensperson hinzuzuziehen oder Unterstützung durch den Betriebsrat zu suchen.

Gelangen Arbeitnehmer:innen dennoch unerwartet in eine solche Situation, sollten sie sich grundsätzlich konstruktiv passiv verhalten, zuhören, jedoch in dem Gespräch keine Entscheidungen treffen, nichts zu sagen oder gar unterschreiben. Eine Pflicht zur unvorbereiteten Entscheidung besteht in keinem Fall. Es ist vielmehr eine Verletzung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht von Arbeitnehmer:innen eine wichtige Entscheidung unvorbereitet und sofortig zu verlangen.

Anwaltliche Beratung einholen

Sofern solche Gespräche vorher angekündigt werden, empfiehlt es sich anwaltliche Beratung einzuholen. Ist das vorher nicht möglich, sollten sich Arbeitnehmer:innen beim Arbeitgeber hinsichtlich zu treffender Entscheidungen Bedenkzeit einräumen und sich umgehend anwaltlich beraten lassen.

20.07.2023

Hentschel Rechtsanwälte – Weil Ihre Arbeit Teil Ihres Lebens ist! 




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