Aktuelle Rechtsprechung zur betrieblichen Arbeitszeiterfassung

Mit der aufsehenerregenden Entscheidung vom 13.09.2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) hatte das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, sämtliche Arbeitszeiten der Beschäftigten zu erfassen. Diese Verpflichtung leitet das Bundesarbeitsgericht aus den Geboten des Gesundheitsschutzes ab. Die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen könne nur gewährleistet werden, wenn die tägliche Arbeitszeiterfassung der Beschäftigten transparent und nachvollziehbar erfolgt.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG

Das Bundesarbeitsgericht betonte darüber hinaus, der Betriebsrat habe bei der konkreten betrieblichen Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
Diese Rechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München nun in einer aktuellen Entscheidung vom 20.06.2023 (Aktenzeichen 4 TaBV 24/23) fortgeführt.

LAG München: Umfassendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Das LAG betont in seiner Entscheidung das umfassende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei allen Aspekten der betrieblichen Umsetzung der Arbeitszeiterfassung. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich dabei auch auf die Auswahl des geeigneten Zeiterfassungssystems und die hierbei eingesetzte Technik. 

Initiativrecht für Betriebsräte

Das LAG München spricht Betriebsräten darüber hinaus ein Initiativrecht zu. Damit können Betriebsräte die Einführung oder Veränderung eines betrieblichen Zeiterfassungssystems proaktiv vorantreiben. Verweigert sich der Arbeitgeber einer solchen Initiative, kann der Betriebsrat die Hilfe der Einigungsstelle in Anspruch nehmen, um zu einer Lösung zu kommen.

Das Urteil des LAG München ist eine wichtige Klarstellung der Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Ausgestaltung der gesetzlich verpflichtenden Arbeitszeiterfassung.

Mitbestimmungsrecht auch im Außendienst und Homeoffice

Das LAG hat das Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten auch für Beschäftigte im Außendienst und im Homeoffice bestätigt. Dies war zuvor in Frage gestellt worden.

Jetzt vom Initiativrecht Gebrauch machen

Betriebsräte können ihre Mitbestimmungsrechte nun gestärkt wahrnehmen, um den positiven Effekt der Arbeitszeiterfassung für die Beschäftigten umzusetzen. Ihnen steht das Recht zu, die bestehende betriebliche Arbeitszeiterfassung auf ihre Eignung und Praktikabilität zu prüfen. Um wichtige Verbesserungen für die Beschäftigten zu erreichen, sollten Betriebsräte von ihrem Initiativrecht Gebrauch machen und das Thema jetzt auf ihre Agenda setzen.

10.08.2023

Hentschel Rechtsanwälte – Weil Ihre Arbeit Teil Ihres Lebens ist! 




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